Die weiße Jungfrau auf der Heldenburg

1. Auf der Heldenburg bei Salzderhelden läßt sich von Zeit zu Zeit eine weiße Jungfrau sehen. Sie hat ein weißes Kleid an und ein Schlüsselbund an der Seite. Ihr Haar ist blond, und in der Hand trägt sie einen Blumenstrauß. Sie winkt dem Menschen, der sie erblickt.
Fragt dieser: was muß ich thun, um dich zu erlösen? So gibt sie auf, eine gewisse Blume zu pflücken, deren Standort sie bezeichnet. Ein Mensch ging hin zu der bezeichneten Stelle; aber als er hinkam, hatte er alles vergessen, was er thun sollte. Da rief sie jammernd aus: o weh meiner armen Seele, nun muß erst wieder der Baum zu der Wiege wachsen, worin das Kind groß gewiegt wird, welches mich erlösen kann.
Zuletzt ist sie dem Pastor Thiele erschienen, als dieser nach der Konfirmation mit den Kindern nach dem Heldenberge ging, und zwar an der Stelle, wo früher das kleine Holz war. Sie winkte, aber der Pastor sagte: „Kinder kommt, laßt uns nach Hause gehen, und ging fort.
2. Einst bat die weiße Jungfrau auf der Heldenburg einen Ritter sie doch zu erlösen, zu dem Ende müsse er sie zwölf Mal um einen gewissen Busch herumtragen. Der Ritter ging darauf ein und versuchte es. Zehn Mal hatte er sie schon glücklich herumgetragen; da aber ward sie so furchtbar schwer, daß er nur ein halbes Mal mit ihr herumkam und dann gänzlich erschöpft zu Boden sank. Darauf entwich die Jungfrau vor seinen Augen durch die Luft; der Ritter aber ward krank und starb bald nachher.

 

3. Auf der Heldenburg erscheint alle sieben Jahre eine weiße Jungfrau mit einem Schlüsselbunde

in der Hand. Geht ein Mensch vorbei, so winkt sie drei Mal. Nun kam ein Bauer daher und sah sie; als sie ihm winkte, fragte er sie, was sie wolle. Sie heißt ihn mitzugehen und führt ihn zu einem Hügel, wo sie eine Thür aufschließt, die man vorher nicht sehen konnte. Der Bauer geht mit ihr in den Hügel und sieht da eine Menge Schätze aufgehäuft. Sie gibt ihm davon so viel er nur tragen kann, und spricht: >>wenn du nicht thust was ich dir sage, so werden deine Schätze wieder verschwinden und du wirst wieder so arm werden, wie du gewesen bist; wenn du aber meine Wünsche erfüllst, so werden dir alle Schätze gehören, die ich dir eben gezeigt habe.<<

Von da nimmt die ihn mit auf den Burghof und bittet er möge ihr den Kopf abhauen, er müsse aber eilen, damit er noch vor zwölf Uhr damit fertig werde. Er will dies anfangs nicht thun, weik sie seine Wohltäterin ist, auch hat er keine Barte (1); sie sagt ihm aber, er möge es nur thun, sie würde dadurch erlöst und er würde reich sein auf Lebenszeit. Nun geht er fort und holt eine Barte (1) aus seinem Hause; als er damit zurückkommt ist auch die Jungfrau noch da. Jetzt will er ihr eben den Kopf abhauen, da schlägt es aber zwölfe und mit einem Male ist die Jungfrau verschwunden und er steht wieder auf demselben Platze, wo er sie zuerst gesehen hatte. Neben sich hörte er eine Stimme, die sprach zu ihm:>>nun muß ich wieder sieben Jahre warten, bis ein anderer kommt, der moch erlösen kann; denn du hast dich zu lange aufgehalten.<< Die Schätze des Bauern waren wieder verschwunden.

4. Alle Jahre kommt einmal eine Nonne (weiße Jungfrau) zwischen 11 und 12 Uhr zu dem sogenannten Nonnengange im Amtsgarten auf der Heldenburg und sieht nach den Schätzen, welche sie dort vergraben hat. Geht man über den Nonnengang, so klingt der Boden. Jetzt ist der Gang zugemauert.

(1) Barte = veraltet (als Waffe verwendetes) breites Beil oder Axt; davon abgeleitet – Hellebarde
Quelle: Niedersächsische Sagen und Märchen aus dem Munde des Volkes gesammelt, 1855, Georg Schambach und Wilhelm Müller

Die weisse Nonne auf der Heldenburg

In der kapelle auf der Heldenburg ließ sich früher in einem fenster, woran der weg über den Heldenberg hart vorbeiführt, öfters eine weisse nonne mit schneeweißen händen sehen. einst gingen leute da vorbei und erblickten sie am fenster. Unter diesen war auch ein dreizehnjähriges mädchen; dieses ging hinein in die kapelle und reichte ihr die hand. Die nonne aber griff die hand sogleich durch und das mädchen fiel todt hin.
ein anderes mal erblickten ein paar männer die nonne, sie gingen hinein, hielten ihr aber, da sie stöcke bei sich hatten, statt der hand diese hin. Die nonnen griff wieder durch die stöcke durch, that ihnen aber sonst nichts zu leide. auf die vorstellungen der leute hat dann der jetzige pächter jenes fenster zumauern lassen, seitdem geht nun die weiße nonne nachts auf der mauer herum

Quelle: Zeitschrift für Deutsche Mythologie und Sittenkunde, J.W.Wolf, Verlag der Dieterischen Buchhandlung Göttingen

Die Heldenburg

1.In der alten Kapelle auf der Heldenburg befindet sich ein im Boden stehendes hölzernes Kreuz. Einst wollten zwei Männer aus Salzderhelden, weil es Winter war und sie Holzmangel hatten, dieses Kreuz bei Nacht wegholen. Sie gingen also um 12 Uhr hin, und rüttelten daran mit aller Macht, um es so aus der Erde zu ziehen. Das Kreuz aber stand unbeweglich fest. Da sie es nun nicht losmachen konnten, so standen sie endlich von dem Versuche ab und sahen sich nach anderem Holze um, welches sie mitnehmen könnten; und wirklich sahen sie in einer Ecke mehrere Stangen liegen. Der eine der Männer nahm nun eine Stange und wollte sie zerbrechen. Als er aber die Stange vor das Knie legte und sie schon durchbrechen wollte, da rief es dreimal au! aus derselben heraus. Rasch warf er die Stange hin, und beide flohen Hals über Kopf aus der Kapelle. Wie sie so über den Burghof uns sich einmal umschauten, sahen sie mehrere weiße Gestalten hinter sich herkommen, welche ihnen mit dem erhobenen Zeigefinger drohend zuriefen: wehe euch, wehe euch! Die weißen Gestalten verfolgten die beiden so lange mit diesem Ruf, bis sie durch den Burggraben hindurch waren. Darauf verschwanden sie, ohne daß den Männern weiter etwas zu Leide geschehen wäre.
2. Ein Mädchen aus Salzderhelden sammelte auf dem Hügel hinter dem Heldenberge Kräuter zur Vertreibung der Raupen. So oft sie sich nach der Burg umsah, sah sie dort eine Fahne flattern und zugleich war sie. wenn sie sprechen wollte, dazu unvermögend.

Quelle: Niedersächsische Sagen und Märchen , Georg Schambach

 

Foto: Alfred Krawietz  / pixelio.de

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